Geschmacksfrage
Zucker macht das Leben süss, lautet ein Werbespruch. Drinks natürlich auch – und ohne Süsse kommt praktisch kein Getränk an der Bar aus, von Puristen wie einem Wodka mit Sodawasser einmal abgesehen. Also Zucker rein? Vielleicht, aber es gibt auch hier Unterschiede und dazu noch eine Reihe alternativer Süssungsmöglichkeiten. Das Wichtigste im Überblick.
Rohrzucker / Rohrohrzucker
Zwischen Rohrzucker und Rübenzucker besteht rein chemisch betrachtet kein Unterschied, seine Basis ist, klar, Zuckerrohr, das vor allem in Brasilien, Kuba, den USA, aber auch auf den Philippinen und in Australien wächst. Die Stangen werden ausgepresst, was einen süssen Saft erzeugt. Solltest du jemals die Möglichkeit haben, ihn frisch zu probieren: Es ist ein Geschmackserlebnis! Rohrzucker ist gröber als raffinierter, die markante bräunliche Farbe resultiert daraus, dass er weniger intensiv gewaschen und verfeinert wird. Allerdings nur dann, wenn es sich, Achtung schwieriges Wort, um echten Rohrohrzucker und nicht um braunen Rohrzucker handelt. Letzterem wurde brauner Farbstoff beigemischt, damit er wieder eine Naturoptik bekommt. Also beim Kauf am besten den mit dem komplizierteren Namen nehmen.
Raffinadezucker
Diese Art von Zucker hat man quasi immer vorrätig im Haushalt, wie Mehl oder Nudeln. Raffinadezucker, auch Kristallzucker, weisser Zucker oder Tafelzucker genannt, ist aufbereiteter Zucker, der aus Zuckerlösungen, meist auf Basis von Rübenzucker, gewonnen wird. Diese Zuckerlösungen werden mehrfach zur Kristallisation gebracht, die Raffination, daher rührt der Name. Mit ihm lässt sich nahezu jedes Drinkrezept, das Zucker benötigt, realisieren, zur Not auch dann, wenn das Originalrezept eigentlich einen anderen Zucker vorsieht. Oft allerdings wird Zuckersirup eingefordert. Kein Problem: Mit Zucker und Wasser im entsprechenden Verhältnis (meist 1:1) lässt sich sehr leicht ein simpler Zuckersirup kochen, der dann für Drinks verwendbar ist und sich auch gut lagern lässt. Übrigens ist weisser Zucker auch der richtige für die berühmte Caipirinha, die im Original nämlich nicht mit braunem Rohrzucker gemacht wird. Zu diesem Zucker mehr im nächsten Punkt.
Muscovadozucker
Manches Cocktailrezept ruft nach einem Muscovadozucker. Hierbei handelt es sich um nicht raffinierten Rohrohrzucker (man nennt ihn auch Vollrohrzucker) in einer Vorstufe: Er schmeckt leicht karamellig-lakritzig und ist vor allem noch nicht ganz auskristallisiert, klumpt ein bisschen und ist ganz leicht feucht. Für Mundgefühl und Geschmack ist er durchaus eine interessante Sache, allerdings hat er einen deutlich höheren Preis als Standardzucker und es stellt sich – dir stellt sich – die Frage, ob du tatsächlich so viel Verwendung für ihn hast, dass sich die Anschaffung lohnt. Aber: Ausprobieren schadet nicht!
Kokosblüten- oder Palmzucker
Die Namen sind selbsterklärend, auch hier ist es so, dass einige Originalrezepte exakt diese Zuckerverwendung wollen. Muss – siehe Raffinadezucker – nicht unbedingt sein, aber Vorteile weist der Kokosblüten- bzw. Palmzucker schon auf: Er ist nicht so intensiv süss wie andere Zuckerarten und feine Zungen erschmecken die Pflanze, aus dem er gewonnen wurde, dazu ebenfalls Karamell.
Honig
Dank fleissiger Bienchen können wir auch auf dieses süsse Lebensmittel in Drinks zurückgreifen. Und weil in den Honig das Aroma der Pflanzen und Blüten, die von den Insekten besucht wurden, wortwörtlich einfliesst, gibt er je nach Sorte und Herkunft dem Drink eine ganz eigene Note von frühlingshaft-floral bis rauchig-waldig-herbstlich. So gesehen ist Honig eine besonders spannende Süssungsart, aber: Er ist halt eine zähe Angelegenheit. Abhilfe schafft ein „Runny Honey“, das ist ein einfacher Honigsirup im klassischen Verhältnis 1:1. Lässt sich in der Flasche lagern und dann einsetzen, wenn der Drink „Honey“ ruft.
Agavendicksaft
Auch als Agavensirup bekannt, wird dieses Süssungsmittel aus den mexikanischen Agaven gewonnen, aus denen bekanntermassen auch – aus bestimmten Sorten jedenfalls – Tequila oder Mezcal gemacht wird. So gesehen ist eine natürliche Nähe zu Spirituosen schon gegeben. Praktisch ist auch, dass der Agavensirup dünnflüssiger ist als beispielsweise Honig, er hat ungefähr die Konsistenz eines „Runny Honey“. Auch wegen seines sehr niedrigen glykämischen Indexes hat sich der Agavendicksaft in den vergangenen Jahren einige Beliebtheit erarbeiten können. Er passt auch gut zur veganen Ernährungsweise. An der Bar spielt er bislang noch eine Nebenrolle, aber ist durchaus ins Süssungs-Set einzubeziehen – am besten in der bernsteinfarbenen Variante mit leichter Karamellnote.
Ahornsirup
Bei diesem Produkt denkt man automatisch an Kanada, oder? Tatsächlich stammt er aus dem Norden Amerikas, er wurde schon von den Ureinwohnern hergestellt – und zwar aus dem Stamm des dort überall wachsenden Ahornbaums. Es handelt sich streng genommen nicht um einen Sirup, sondern um den Pflanzensaft, der Nährstoffe von den Wurzeln in die Knospen bringt – und davon lässt sich, ohne dass der Baum geschädigt wird, etwas für den menschlichen Verzehr abknapsen. Pancakes ohne den leicht dickflüssigen, karamelligen Ahornsirup? Undenkbar. Aber auch im Getränk findet er Verwendung, zum Beispiel oft in Drinks mit amerikanischem/kanadischem Whisky.
Stevia
Dieses Süssungsmittel wird aus der ursprünglich in Südamerika, vor allem Paraguay, beheimateten Pflanze stevia rebaudiana (Süsskraut) gewonnen und hat es in den vergangenen Jahren auch in Europa zu einiger Bekanntheit geschafft. Stevia ist hochintensiv süss, der Grad liegt um ein Vielfaches höher als beim herkömmlichen Zucker, sodass es nur in kleinen Mengen benötigt wird. Ein weiterer Vorteil: Stevia ist kalorienfrei und auch für Diabetiker geeignet. Es hat in natürlicher Form aber einen leicht bitteren Eigengeschmack, den verschiedene Anbieter durch Verfahrensprozesse herauszufiltern versuchen. Nach wie vor ist Stevia ein Geheimtipp.
Fazit
Süssungen für den Drink gibt es in vielen Formen – vom gängigen Haushaltszucker bis zum speziellen Stevia. Was genommen wird, ist letztlich Geschmackssache. Allerdings lohnt es sich, Zuckersirup – oder ein anderes zähflüssiges Süssungsmittel – als Teil der Heimbar vorrätig zu haben.