Geistreiches aus der Traube
Spirituosen aus der Traube gehören zu den ältesten geistvollen Getränken überhaupt. Begleitet von der Etablierung der Destillationstechnik entwickelten sie sich überall dort in Europa, wo bereits der Wein gut gedeihte. Und ob Weinbrand, Brandy oder Cognac und Co. – jede dieser Variationen des Weinbrands besitzt seinen ganz eigenen Charakter.
Der Weinbrand – international auch «Brandy» (abgeleitet von «brandewīn» und «brandy wine») – ist ein eleganter Geselle, wohnt ihm doch seit jeher eine Art Zauber des Vergangenen inne. Vor allem hat er sich über die Zeit als ein Destillat etabliert, welches auch immer vom Hang des Luxuriösen umweht wird. So wird Weinbrand gerne pur genossen, und dabei gilt: Je älter, desto besser. Ebenso hat er sich, als Cognac, gleich in einer ganzen Reihe berühmter Drinks als wichtiger Geschmacksträger einen Namen gemacht – darunter im French Connection, Sidecar, Sazerac, Brandy Crusta, Brandy Alexander oder auch im Corpse Reviver. Zwar haftete Weinbrand, Brandy, Cognac und Co. eine Zeit lang ein leicht angestaubtes Image an, doch sind sie seit einiger Zeit wieder auf dem Weg, sich mit jungen, frischen und spannenden Neuinterpretationen ihrer Klassiker den Platz in den Herzen ihrer Geniesser wieder zurückzuerobern.
Dabei gilt der Weinbrand als eine der ganz alten Spirituosen Europas. Denn spätestens im Hochmittelalter gelangte die Technik der Destillation auch nach Europa und von hier nach Jerez de la Frontera in Südspanien, aber auch nach Armagnac und Cognac in Frankreich an der Atlantikküste, wo die Trauben bereits gut gedeihten und sich so eine besondere Expertise um deren Destillation entwickeln konnte. Bereits vom 17. Jahrhundert an etablierte er sich als Destillat mit eigenem Charakter und wurde international u.a. nach England exportiert, zunächst im Fass, später auch in Flaschen. Bis zur Wende zum 20. Jahrhundert entwickelte er sich so zur populären Spirituose. Schliesslich vertiefte man die Kenntnisse um den Weinbrand in seinen Herkunftsländern und verfeinerte dessen Produktion stetig, so er sich seither zur Liga der hochqualitativen Spirituosen zählen darf.
Von Wein zum veredelten Weinbrand
Die Grundlage für einen Weinbrand bildet immer die Traube. Für den herkunftsgeschützten und spätestens seit dem 17. Jahrhundert hergestellten Cognac aus der Region Poitou-Charentes im Westen Frankreichs setzt man vor allem auf eine Mischung aus der weissen Traube «Ugni Blanc» («Trebbiano») ergänzt um «Folle Blanche» und «Colombard». Angebaut werden diese von vielen Tausend Weinbauern in sechs Lagen («crus») rund um die Stadt Cognac – von der «Grand» und «Petit Champagne» über die «Borderies» bis hin zu den «Fins Bois», «Bons Bois» und «Bois Ordinaires». Vom Herbst an bis spätestens zum 31. März des Folgejahres muss der Cognac fertig sein, und so wird in diesen Monaten eingemaischt, vergoren und destilliert, was das Zeug hält.
Die Destillation – entweder durch Genossenschaften, Lohnbrenner oder durch die Winzer selbst – erfolgt zweifach auf der «alambic charentais», der typisch französischen Brennanlage. Das frische Destillat aus Rohbrand («brouillis») und Feinbrand («bonne chauffe») mit maximal ca. 72% Alkoholvolumen nennt man «Eau de vie», wobei nur das Herz des Brandes («cœur») behalten wird. Die folgende, von wenigen Jahren bis zu vielen Jahrzehnten währende Reifung vollzieht sich in ausgebrannten Eichenfässern, deren abgelagertes Holz zumeist aus den nah gelegenen Wäldern des «Limousin» stammt. Dabei werden je nach Ziel der gewünschten Reife verschiedentlich alte Fässer in «Rotation» eingesetzt. Zuletzt erfolgt die wichtige und kunstvolle «Assemblage» («Cuvée») aus Jahrgängen und Lagen zum fertigen Cognac durch den Kellermeister («Maître de Chai»). Auf den Markt gelangt der Cognac zumeist durch wenige grosse Häuser oder aber als Spezialität einzelner Weingüter.
Von junger Frische bis zur gereiften Eleganz
Für welchen Weinbrand man sich auch immer entscheidet: Zumeist weist eine genaue Bezeichnung den Weg zur gewünschten Qualität. Bei Cognac (z.B. Godeau), aber auch beim Armagnac (z.B. Marquisa) spricht man klassisch von «***» («Three Stars») oder «V.S.» («Very Special», mind. 2 Jahre), «V.S.O.P.» («Very Superior Old Pale», auch «Vieux» oder «V.O. », mind. 4 Jahre) oder «X.O.» («Extra Old», u.a. auch «Napoléon», mind. 10 Jahre). Beim spanischen Brandy spricht man wiederum von «Solera» (mind. 6 Monate), «Solera Reserva» (mind. 12 Monate) oder auch «Solera Gran Reserva» (mind. 36 Monate). Generell gilt für Weinbrand: Je jünger, desto frischer und fruchtiger schmeckt er. Je länger gereift, desto mehr kommen erst florale Noten, später auch intensive Würznoten hinzu. Zur Verkostung z.B. im klassischen Schwenker («Brandy Snifter») lässt man einen Weinbrand erst einmal «atmen», damit er seine Aromen entfalten kann – dann aber begeistert er Geniesser umso mehr!
Eine häufig übersehene Variante des einst als «Franzbranntwein» bezeichneten Weinbrands aus Frankreich ist der ungleich ältere, bereits 1461 erstmals erwähnte und herkunftsgeschützte Armagnac aus der Casgogne im Südwesten Frankreichs. Im Unterschied zum Cognac wird er zum einen hauptsächlich aus den Rebsorten «Ugni Blanc», «Baco Blanc», «Colombard» und «Folle Blanche» gewonnen, welche in den drei Lagen «Bas-Armagnac», «Ténarèze» und «Haut-Armagnac» angebaut werden. Zum anderen wird Armagnac in nur einem Durchlauf vom Roh- und Feinbrand destilliert («méthode Armagnac»). Auch der Armagnac erfährt lange Reifezeiten, darunter in neuen Fässern aus sechs Jahre lang gelagertem Holz der Cascogner «Schwarzen Eiche». Abgefüllt wird der robuste wie elegante Armagnac zumeist als Sorten- oder Jahrgangsverschnitt mit mindestens 40% Alkoholvolumen.
Aus Spanien wiederum stammt der Brandy, und hier allen voran der «Brandy de Jerez» aus dem «Sherry-Dreieck» in Südspanien. Schon früh erwuchsen hier die niedrig destillierten «Holandas» zur begehrten Handelsware der produzierenden Bodegas. Auf den Handelsschiffen fanden sie ihren Weg dann ins Fass, wodurch der gereifte Brandy erwuchs. Die verwendeten Grundweine stammen vor allem aus den Trauben «Palomino» und «Airén». Eine Besonderheit in der Herstellung liegt in der Vermählung zweier Destillate – eben den «Holandas» aus der Kupferbrennanlage, welche die Basisaromen mitbringen, sowie den höherprozentigen «Destilados», welche den Geschmack abrunden. Dazu kommt die besondere Reifung in Ex-Sherryfässern im Solera-Verfahren («Criaderas y soleras») und die Vermählung von Holandas und Destilados, wodurch der Brandy seinen besonderen Geschmack erhält.
Zudem taucht der Weinbrand, international zumeist als «Brandy» bezeichnet, auch in weiteren Ländern auf – darunter in Italien, Portugal, Griechenland oder auch Armenien und Ungarn. Jenseits von Europa findet sich Brandy z.B. in Südafrika. Eine Variante des Weinbrands ist zuletzt auch «Deutscher Weinbrand» (welcher bis in das 20. Jahrhundert hinein auch als «Cognac» oder «Kognak» bezeichnet wurde) wird. Nicht zu verwechseln ist der Weinbrand übrigens mit dem sogenannten «Fruchtbrandy», welcher den Namen der destillierten Frucht trägt und der zu den Likören gezählt wird.