Von der Traube zum moussierenden Glück
Ob Sekt, Spumante, Cava oder Champagner – der schäumende Wein hat in den vergangenen Jahrhunderten eine steile Karriere hingelegt. Heute gibt es den Schaumwein in vielfältigen Varianten für ein prickelndes Vergnügen auf dem Gaumen. Einblicke in die Geschichte, die Produktion und die Vielfalt rund um das moussierende Glück.
«Nach einem Sieg verdienst Du ihn, nach einer Niederlage brauchst Du ihn!» – nicht zu Unrecht verweist dieses Zitat von Napoleon Bonaparte, einstiger Kaiser der Franzosen, auf die gewisse Zweckdienlichkeit des Schaumweins (in diesem Fall Champagner) zu vielen alltäglichen oder besonderen Anlässen, an denen man das prickelnde Vergnügen sucht. So wird dem Schaumwein nicht nur eine positive Wirkung auf den Kreislauf nachgesagt, sondern auch aphrodisierende Eigenschaften, steigt die prickelnde Kohlensäure des Sektschaums (der «Mousse») aus der griffigen Flasche doch schnell in den Kopf. Schaumwein in all seinen Varianten geniesst man frisch, gekühlt und pur, zum Apéro in einer nicht zu süssen Variante, als vielfältige Begleitung zum Menü oder auch in klassischen Drinks wie dem Champagne oder Bellini Cocktail, dem Black Velvet, French 75 oder auch Old Cuban.
Die Kategorie der Schaumweine meint dabei die ganze Welt der perlenden, soll heissen kohlensäurehaltigen Weiss-, Rosé- und Rotweine. Bereits um das Jahr 1540 sollen Mönche der Abtei Saint-Hilaire in Limoux, Südfrankreich den ersten schäumenden Wein hergestellt haben. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts entstehen die ersten grossen Sektkellereien vor allem in der Champagne im Nordosten Frankreichs (z.B. Lanson), von wo aus der zukünftige «König der Schaumweine» schliesslich die Welt eroberte – allen voran im Jahr 1814 auf dem Wiener Kongress, als die europäischen Staaten den Sieg über Napoleon mit reichlich Champagner feierten, einem bis dahin noch nicht sonderlich bekannten Getränk. Doch von hier aus wurde er fortan vielfach in Europa und andernorts interpretiert.
Vom frischen Wein zum moussierenden Glück
Zu unterscheiden ist der Schaumwein zunächst vom «Stillwein» und «Perlwein», denn für den Schaumwein ist, wie der Name schon andeutet, die Intensität und Qualität der enthaltenen Kohlensäure ausschlaggebend. Grundlage für jeden Schaumwein ist wie beim Wein die vielfältige Traube (u.a. Chardonnay, Pinot Noir, Pinot Meunier, Chenin Blanc, Xarel·lo, Macabeo, Parellada, Riesling oder Muskateller), die gereift, gelesen, gekeltert und einer ersten Vergärung unterzogen wird. Danach erfolgt die Zusammenstellung («Assemblage») und die Entwicklung der Kohlensäure. In der einfachsten Variante entsteht der «Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure» durch «Imprägnierung», d.h. durch äussere Druckeinwirkung. In einer zweiten und traditionellen Variante, der «Méthode rurale» entsteht die Kohlensäure für den Schaumwein durch die fortschreitende Vergärung, z.B. direkt in der Flasche.
Die dritte Variante der Gärung ist zugleich die aufwändigste. Man nennt sie die «Zweite Gärung» oder auch die traditionelle Flaschengärung. Hierbei wird dem vergorenen Wein Zucker und Hefe zugegeben (die «Tirage»). Mit dieser «Fülldosage» reift der Wein mit einem Füllkorken versehen ein zweites Mal über mindestens neun Monate «auf der Hefe» unter Entwicklung der Kohlensäure in der Flasche. Kurz vor Abschluss der Reife kommt sie mehrere Wochen auf ein «Rüttelpult», wo sie gerüttelt und gewendet wird. Die «abgerüttelte» Hefe wird über ein Gefrierverfahren entfernt («degorgiert») und der Wein mit einer «Versanddossage» aus Zucker und Wein versehen, welche auch den Süssegrad definiert. Eine Variante ist das «Transvasierverfahren», bei welchem die Flaschengärung zwischenzeitlich im Tank zusammengeführt wird, sowie die «Méthode Charmat» («Grossraumgärung», «Tankgärverfahren»), bei welcher die Zweite Gärung vollständig im Tank abläuft. Der fertige Schaumwein muss einen Kohlendioxiddruck von mindestens 3 Bar aufweisen.
Wurde der Schaumwein in Zweiter Gärung ausschliesslich auf der Flasche in der Champagne produziert, dann darf die Flasche exklusiv den Hinweis auf die «Méthode champenoise» tragen. Wurde er in Zweiter Gärung ausserhalb der Champagne produziert, so darf mit «Méthode classique» oder «traditionelle» (bzw. den landesüblichen Übersetzungen) etikettiert werden. Schon der weitverbreitete französische «Crémant» («Vin Mousseux» oder auch «halber» Champagner) gehört dazu, aber u.a. auch der deutsche «Winzersekt» (Sekt der Qualitätsschaumwein bestimmter Anbaugebiete (b.a.)), der österreichische «Hauersekt», der italienische «Spumante» (Prosecco, Asti, Franciacorta), der spanische «Cava», der portugiesische «Vinho espumante natural» oder auch der ukrainische «Krimsekt». Im englischsprachigen Raum ist von «Sparkling Wine» die Rede – hier darf das Label «Méthode champenoise» zwar auf die Flasche, diese jedoch nicht in die Europäische Union eingeführt werden.
Öffnen und Geniessen – vom Rosé bis zu ausgewählten Jahrgängen
Hat man einen Schaumwein bei der Hand, ist man schnell verlockt, ihn «knallen» zu lassen. Für Champagner bedient man sich auch gerne des Champagnersäbel, mit dem man effektvoll die Flasche köpft («sabriert»). Doch ist das Entfernen der Zinnfolie («Stanniol»), das Aufdrehen des Drahtgeflechts («Agraffe») und das Entkorken unter Kennern ein eher ruhevoller Prozess, bei welchem der Korken behutsam entfernt wird und sich das «Bukett» langsam entfaltet. Einmal geöffnet, lässt er sich in grosser Vielfalt geniessen. So stehen hochkarätige Markenproduzenten etwa aus der Champagne (z.B. Lanson, Veuve Alice Margot) oder aus Italien (z.B. Prosecco Goccia d´Oro) bereit. Als Varianten gibt es Schaumweine u.a. als Rosé, Blanc de Blancs, in Bioqualität oder auch als «Vintages» (Jahrgänge). Die geschmackliche Vielfalt reicht vom herben Charakter («Brut Nature»/»Pas Dosé»/»Dosage Zéro», «Extra Brut», «Brut») über trockene Genossen («Extra Dry», «Sec», «Demi-Sec») bis hin zum süssen Gesellen («Doux») – so für jeden Geschmack der passende Schaumwein zu haben ist!